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Viele Fragen, viele Wege

Wie lässt sich die Smart City smart finanzieren?

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Die nachhaltige Finanzierung von Smart-City-Projekten ist eine große Herausforderung. Dabei geht es zugespitzt auch um die Frage: Privat oder Staat?

Viele Fragen, viele Wege - Wie lässt sich die Smart City smart finanzieren?

Bild: Müller + Busmann

Die Smart City ist eine schöne Vision vom künftigen Zusammenleben im urbanen und suburbanen Raum. Doch hier stellt sich einmal mehr die Frage eines alten Karnevalsschlagers: „Wer soll das bezahlen?“ Während zeitlich begrenzte Projekte durch öffentliche Fördermittel ermöglicht werden, scheint eine nachhaltige Finanzierung noch weitestgehend ungeklärt zu sein. An Ideen allerdings mangelt es nicht. „Es gibt mehrere Wege, wie Städte eine nachhaltige Transformation und ,Smartifizierung’ sicherstellen können“, sagt Petr Suska, der sich beim Fraunhofer Institute for Industrial Engineering IAO mit der Materie befasst und im Team Urban Economy Innovation unter anderem neue Bewertungsmethoden und Werkzeuge zur Integration ökonomischer Aspekte in infrastrukturelle und urbane bzw. regionale Transformationsprozesse entwickelt.

„Beispielsweise können mehrere Städte gemeinsam Ressourcen zusammenlegen, um spezifische Technologien – etwa Straßenlaternen – zu beschaffen. So teilen Kommunen die Risiken und Kosten von Smart-City-Projekten sowie auch deren Vorteile über neue Formen der Zusammenarbeit.“ Dies sei auch über die Einbindung des Privatsektors möglich, etwa über Public-private-Partnerships, Joint Ventures etc.

Prof. Uwe Schneidewind sieht an erster Stelle den Staat in der Pflicht: „Zunächst einmal müssen deutlich mehr Fördermöglichkeiten auf Landes-, Bundes- und Europa-Ebene geschaffen werden. Eine hochverschuldete Stadt wie Wuppertal kann solche Projekte nicht aus eigener Kraft stemmen“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler und Oberbürgermeister der nordrhein-westfälischen Großstadt Wuppertal. Die Stadt beteiligt sich an den „Modellprojekten Smart Cities“, einer Förderkulisse des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Dadurch könne man einige Projekte durchführen, für die es bisher keine finanziellen und personellen Möglichkeiten gegeben habe, so Uwe Schneidewind. Der interkommunale Austausch stehe im Vordergrund. „Es geht aber nicht nur darum, bestehende Lösungen zu kopieren, sondern auch darum, die Erfahrungen der anderen Städte einfließen zu lassen und daraus eigene Lösungen unter Berücksichtigung der Wuppertaler Situation zu entwickeln.“

Die grundsätzliche Herausforderung formuliert der ehemalige Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie so: „Damit erfolgreiche Projekte in dauerhafte Lösungen überführt werden können, muss eine dauerhafte Finanzierung sichergestellt werden, denn Betrieb und Betreuung der eingesetzten Systeme kosten Geld.“ Einige der angestoßenen Projekte werden bereits mit externer Beteiligung durchgeführt. „Da haben wir dann schon einen natürlichen Partner für den späteren Betrieb.“ Doch im Großen und Ganzen hapere es nach wie vor an guten Beispielen, die übernommen werden könnten. „Mögliche Lösungen könnten die Finanzierung über Werbung sein oder die Übernahme durch einen privaten Partner. Damit verliert die Stadt jedoch üblicherweise einen Teil ihrer Unabhängigkeit in Sachen Datenhoheit, die gerade im Interesse der Bürgerinnen und Bürger bei der Stadt liegen sollte.“ Sinnvoller, aber eher unwahrscheinlich sei es, dass Land und Bund einen finanziellen Ausgleich schafften, „damit alle Städte die gleichen Chancen haben, ihren Bürgerinnen und Bürgern eine ähnliche Lebensqualität zu schaffen wie in reichen Städten“.

Für Fraunhofer-Forscher Petr Suska kann Innovation nur über innovative Finanzierung, neue Partnerschaftsformate und kreative Ansätze erfolgen. „Business as usual führt zu keiner realen Transformation oder Wandel.“ Einige der Haupthindernisse seien die konservative Denkweise, die sogenannte Pfadabhängigkeit vieler Stadtverwaltungen, sowie eine Zurückhaltung bei der Bildung neuer Partnerschaften und Formen der Zusammenarbeit. „Die Integration innovativer Ansätze in Kommunen ist schwierig, aber notwendig, um mit dem sich ständig beschleunigenden technologischen Wandel und seinen Auswirkungen auf die städtischen Gemeinschaften Schritt zu halten.“ Außerdem mangele es an Erfahrungen – und Vertrauen – im Bereich Public-private-Partnership und alternativer Ansätze zur Finanzierung städtischer Smart-City-Projekte. „Es besteht die Angst vor einer Anbieterbindung, die bei vielen Smart-City-Projekten ein Thema ist.“ Soweit die Hürden aus Sicht von Petr Suska.

Die wichtigsten Chancen sieht Petr Suska in den derzeit sehr niedrigen Zinssätzen, der Investitionsbereitschaft von privaten und institutionellen Anlegern, lokalen Gemeinschaften und Unternehmen, die bereit sind, städtische Pilotprojekte zu finanzieren, sowie in der finanziellen Förderung etwa durch die Europäische Kommission: „Projekte zur Energiewende und zum Klimaschutz erhalten mehr finanzielle Mittel als je zuvor.“ Der Bankensektor konzentriere sich immer mehr auf die Unterstützung von Innovationen in Städten. „Dies geht Hand in Hand mit einem starken Trend hin zu grünen und nachhaltigen Finanzprodukten und -anlagen. Auch Städte arbeiten daran, verschiedene Finanzierungsquellen für Smart-City-Projekte zu erschließen und die Banken in die Entwicklung neuer Programme und Instrumente einzubeziehen.“

Dass es mit der Investorensuche nicht getan ist, lässt sich am Beispiel Wuppertal gut erkennen: „Unsere Erfahrungen aus bisherigen Projekten zeigen, dass wir nicht großartig Werbung machen müssen, um von anderen Investoren angesprochen zu werden. Im Gegenteil, die Investoren kommen wegen der angestoßenen Projekte eher auf uns zu“, so Uwe Schneidewind. Aber: „Für ein langfristiges Engagement müssen Geschäftsmodelle entwickelt werden, bei denen beide Seiten profitieren. Die gibt es bis dato nur spärlich.“

Die Smart City ist eine schöne Vision vom künftigen Zusammenleben im urbanen und suburbanen Raum. Doch hier stellt sich einmal mehr die Frage eines alten Karnevalsschlagers: „Wer soll das bezahlen?“ Während zeitlich begrenzte Projekte durch öffentliche Fördermittel ermöglicht werden, scheint eine nachhaltige Finanzierung noch weitestgehend ungeklärt zu sein. An Ideen allerdings mangelt es nicht. „Es gibt mehrere Wege, wie Städte eine nachhaltige Transformation und ,Smartifizierung’ sicherstellen können“, sagt Petr Suska, der sich beim Fraunhofer Institute for Industrial Engineering IAO mit der Materie befasst und im Team Urban Economy Innovation unter anderem neue Bewertungsmethoden und Werkzeuge zur Integration ökonomischer Aspekte in infrastrukturelle und urbane bzw. regionale Transformationsprozesse entwickelt.

Prof. Uwe Schneidewind

Prof. Uwe Schneidewind ist Wirtschaftswissenschaftler, Mitglied des Club of Rome und war von 2010 bis 2020 Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Seit November 2020 ist er Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal.

Petr Suska

Petr Suska leitet das Team „Urban Economy Innovation“ am Fraunhofer IAO in Stuttgart, das neue Bewertungsmethoden und Werkzeuge zur Integration ökonomischer Aspekte in infrastrukturelle und urbane bzw. regionale Transformationsprozesse entwickelt.