Köln: 22.–23.05.2024 #polismobility

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Deutschland-Managerin von Fastned

Fünf Fragen an Linda Boll

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Linda Boll, Deutschland-Managerin von Fastned, gewährt Einblicke in die Herausforderungen der Elektromobilität. Im Fokus stehen aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen, Standortsuche für Schnellladestationen und die Strategie, mit verschiedenen Branchen zu kooperieren. Linda Boll erklärt, warum trotz rückläufiger Neuzulassungen der Ausbau von Ladepunkten entscheidend ist. Das Gespräch beleuchtet auch die Rolle von privaten und öffentlichen Kooperationen.

Linda Boll steht vor einer Fastned-Schnellladestation

© Fastned

1. Vor etwa einem Jahr wurde der Masterplan Ladeinfrastruktur II von der Bundesregierung verabschiedet. Wie beurteilen Sie die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen? Gibt es Bereiche, in denen Sie Verbesserungsbedarf sehen?

Wir halten den Masterplan Ladeinfrastruktur II weiterhin für einen grundsätzlichen Schritt in die richtige Richtung. Der Masterplan hebt explizit die Rolle der Kommunen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur hervor und betont, dass die notwendigen Flächen wettbewerblich vergeben werden sollen. Wenn es etwas von unserer Seite aus zu bemängeln gibt, ist es, dass diese Maßnahmen bisher noch zu langsam umgesetzt werden. Wir hoffen allerdings, dass hier zeitnah Fahrt aufgenommen wird, vor allem, um die schnelle Umsetzung des Deutschlandnetzes zu ermöglichen. Auch wir von Fastned haben mit den kürzlich veröffentlichten Zuschlägen zum Deutschlandnetz den Zuschlag für 92 Suchgebiete erhalten und setzen nun auf die gemeinschaftliche Zusammenarbeit mit Kommunen, Bauämtern und Netzbetreibern.

2. In der Vergangenheit haben Sie betont, dass es in Ihrer Branche eher an geeigneten Standorten als an finanziellen Mitteln mangelt. Sie kooperieren bereits erfolgreich mit Dienstleistern des täglichen Bedarfs wie Bäckereien und Supermärkten. Gibt es darüber hinaus weitere Kooperationen in verschiedenen Wirtschaftssektoren? Sind weitere Kooperationen geplant? Welche Kooperationen wären strategisch wichtig, kommen jedoch schwer oder gar nicht zustande?

Genau, für den Bau unserer Schnellladestationen sind sichtbare, attraktive, hochfrequentierte und gut ausgebaute Standorte essenziell. Dabei sind wir, vor allem im Rahmen des Deutschlandnetzes, nun auf die Zusammenarbeit mit privaten und gewerblichen Grundstückseigentümer:innen sowie mit Kommunen angewiesen. Standortvorschläge nehmen wir gern unter standorte@fastned.de entgegen. Natürlich ist es darüber hinaus auch denkbar, dass sich Gewerbe an unseren Stationen ansiedelt, oder dort bereits ansässig ist – vor allem im Zusammenhang mit Angeboten des täglichen Bedarfs. Schließlich soll das Laden ja so angenehm wie möglich sein.

3. Die Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos ist im September stark gesunken. Warum also weiter Ladestationen errichten? Wachstumsmarkt!? Wie begegnen Sie der Kritik, dass es in Deutschland im Verhältnis zu den Neuzulassungen von E-Autos zu viele Ladepunkte gibt?

Unserer Meinung nach muss das differenziert betrachtet werden. Zum einen ist dies nur eine Momentaufnahme, war es vor einiger Zeit doch noch genau andersherum, und es wurde von scheinbar zu wenigen Ladepunkten gesprochen. Das Ladesäulenregister der Bundesnetzagentur enthielt zum 1. Juli 2023 rund 79.000 Normalladepunkte und rund 19.000 Schnellladepunkte. Doch vor allem in den Städten hinkt der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur massiv hinterher. An vereinzelten AC-Ladesäulen im innerstädtischen Raum können nur wenige Fahrzeuge pro Tag mit langen Standzeiten und entsprechend niedrigen Kapazitäten laden. An einer Schnellladesäule kann mit 300 kW Leistung hingegen ein E-Auto innerhalb von 15 Minuten für eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern aufgeladen werden. Und es geht noch schneller: Wir haben gerade an unserem Standort in Hilden die ersten 400-kW-Charger in Deutschland installiert. Wir brauchen also nicht mehr Ladepunkte im Allgemeinen, sondern mehr Schnellladepunkte. Mir ist wichtig, noch hinzuzufügen, dass wir von Fastned für die Zukunft bauen. Wir sehen bei den aktuell exponentiell steigenden Zahlen an E-Auto-Neuzulassungen in den kommenden Jahren einen ungedeckten Bedarf an Lademöglichkeiten, vor allem entlang der Autobahnen und in Ballungsräumen. Niemand sollte also die Hände in den Schoß legen und sich auf den aktuellen Zahlen ausruhen.

4. Fastned investiert europaweit in den Ausbau seines Schnellladenetzes und setzt auf Stationen mit vielen verschiedenen Ladepunkten. Was halten Sie von dem Ansatz - zum Beispiel in Kooperation mit Wohnungsgenosschaften oder Wohnungsbauunternehmen - private und öffentliche Wohngebiete punktuell mit leistungsfähigen DC-Ladesäulen auszustatten?

Unser Hauptanliegen bei Fastned ist: Es braucht eine flächendeckende Schnellladeinfrastruktur. Dazu zählt natürlich auch, dass Schnellladelösungen in Quartieren installiert werden. Auch hier gilt: nicht nur punktuell mit vereinzelten AC-Ladesäulen, sondern flächendeckend mit großzügigen Schnellladestationen, damit im Laufe eines Tages eine Vielzahl von E-Autos geladen werden kann.

5. Wie stellen Sie sich den optimalen Ladestandort vor? Haben Sie Visionen, die über die reine Ladefunktion hinausgehen?

Schnellladeinfrastruktur muss zukunftsgerecht geplant werden. Das bedeutet: großzügige Schnelllade-Hubs, ähnlich konventionellen Tankstellen, mit Überdachung, einem Durchfahrtsprinzip, zahlreichen Säulen und einem Shop. Was den Schnelllade-Hub jedoch von einer konventionellen Tankstelle unterscheidet: E-Autofahrende verweilen hier länger, die Aufenthaltsqualität muss also höher sein, was beispielsweise durch einen Spielplatz und ausreichend Sitzmöglichkeiten erreicht werden kann. So kann der Lade- und Komfortanspruch der E-Autofahrenden effizient und zeitgemäß bedient sowie gleichzeitig die Mobilitätswende vorangetrieben werden.