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Paris nach den Trottinettes

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Wie geht es in der Weltstadt nach dem Leih-E-Scooter-Verbot weiter und welche Auswirkungen hat das auf die Verkehrswende vor Ort?

Am Straßenrand abgestellte Leihroller 2021 in Paris (cc-by-sa 4.0 Chabe01)

Am Straßenrand abgestellte Leihroller 2021 im 12. Pariser Arrondissement | Bildrechte: CC-BY-SA 4.0 Chabe01

Nach der viel diskutierten Bürgerbefragung Anfang April, bei der knapp 89 % der Pariser:innen gegen die Leih-E-Roller stimmten, trat am 1. September 2023 das Verbot aller Leihsysteme für elektrische Tretroller in Kraft. Die Wahlbeteiligung fiel mit 4,5 %gering aus. Damit ist Paris die erste europäische Stadt, die das E-Scooter-Sharing wieder abgeschafft hat, nachdem das Angebot dort 2018, ebenfalls als einer der ersten europäischen Städte, eingeführt worden war. Es ist für die Stadt das Ende einer langen Debatte über blockierte Gehwege und Verkehrssicherheit. Die Anbieter hatten zuvor noch versucht, die Probleme zu mildern, indem sie etwa Nummernschilder an den Rollern anbrachten, oder nur noch an Erwachsene vermieteten. Nach der Abstimmung warnte die Branche, dass Paris mit dem Schritt die Verkehrswende behindere und viel mehr private E-Scooter in der Stadt genutzt werden könnten, die schwerer zu regulieren seien.

Zuletzt waren in Paris drei E-Scooter-Sharing-Anbieter aktiv: Dott, Lime und Tier Mobility. Sie hatten in den Wochen vor dem Verbot schrittweise ihre insgesamt 15.000 Roller abgezogen und in andere Einsatzgebiete gebracht, etwa nach London, Lille, Tel-Aviv oder in die anderen Gemeinden der Île-de-France. Saint-Quentin-en-Yvelines hatte erst im Mai dieses Jahres ein Rollerleihsystem mit Tier als Betreiber eingeführt. Dieser hat angekündigt, einige Roller nach Deutschland zu bringen. Die Stadt Paris plant nun, die 2.500 Parkzonen, die in Paris eigens für die Leihroller eingerichtet worden waren, für Fahrräder zu nutzen und einige der Standorte in kleine Grünflächen umzuwandeln.

2022 nutzten noch etwa 450.000 Menschen pro Monat die Pariser E-Roller – im Durchschnitt fast dreimal pro Tag. Paris war eine der profitabelsten Städte für die Anbieter, ihre Einnahmeausfälle sollen sich für den Rest des Jahres auf etwa 12 Mio. Euro belaufen. Sie versuchen nun, auf Bikesharing-Angebote auszuweichen. Im Vergleich zum letzten Jahr haben sie ihre Flotten von knapp 12.000 auf etwa 18.500 Fahrräder aufgestockt (davon derzeit 10.000 bei Lime, 5.000 bei Dott und 3.500 bei Tier). Mit den Fahrrädern, die häufiger gewartet werden müssen und schwerer zu transportieren sind, werden die Anbieter voraussichtlich Abstriche bei den Gewinnmargen machen müssen. Als Free-Floating-Anbieter konkurrieren sie außerdem mit dem öffentlichen Fahrradverleihsystem Vélib' Métropole, dessen über 20.000 stationsbasiert angebotenen Leihräder öffentlich gefördert werden. Vélib' Métropole ist deshalb besonders günstig. Zudem gibt es ermäßigte Angebote für junge und sozialhilfebedürftige Menschen. Im ersten Quartal 2023 wurden die Räder durchschnittlich 3,4 Millionen Mal ausgeliehen, also über fünfmal pro Tag und Rad.

Paris hat in den letzten Jahren, auch verstärkt in der Coronapandemie, den Radverkehr gefördert. Statt fünf nutzen die Menschen in Paris inzwischen für sieben Prozent der Wege das Rad. Im Vergleich zum Vorjahr erfassten die Zählstellen im ersten Jahrestrimester 37 % mehr Fahrräder und ein um 5,5 % gesunkenes Verkehrsaufkommen im Kraftverkehr. Wie sich der Sharing-Markt in Paris nun weiterentwickelt, ist noch offen.

Autor

Jan Klein